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Rougeole, épidémie, RDC, MSF, vaccination

Kongo (Demokratische Republik)

Masern in Zeiten von Corona

Seit Januar 2020 haben wir bereits mehr als 260.000 Kinder in der Demokratischen Republik Kongo gegen Masern geimpft und mehr als 17.500 Betroffene versorgt. © MSF/Caroline Thirion
Aktuelles 
Die Masernepidemie in der Demokratischen Republik Kongo - die letztes Jahr von Ebola und heuer von COVID-19 überschattet wurde - ist noch lange nicht vorbei: Seit Januar 2019 sind mehr als 6.600 Kinder gestorben. Damit ist es der bislang tödlichste Masern-Ausbruch des Landes und der derzeit größte auf der ganzen Welt.

    Der Masern-Ausbruch, der 2018 in der Demokratischen Republik Kongo begann, wurde von Anfang an vernachlässigt. Es dauerte Monate, bis die Epidemie im Juni 2019 offiziell bestätigt wurde.

    Die von den Behörden geleiteten Impfkampagnen waren geprägt von Verzögerungen, Koordinierungsproblemen und mangelnder Unterstützung von Partnerorganisationen, von denen sich viele auf die Bekämpfung von Ebola konzentrierten.

    Zusätzliche nationale Impfaktivitäten des Gesundheitsministeriums und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden wiederholt verschoben, bevor sie Ende 2019 endgültig stattfanden.

    Heute hat sich die Gesamtzahl der Fälle zwar verringert, aber die Epidemie ist noch lange nicht vorbei. In einigen Gebieten werden sogar erhöhte Fallzahlen gemeldet, und es gibt etwa 100 Gesundheitszonen, in denen dringend Maßnahmen erforderlich sind. Seit Januar 2020 wurden offiziell mehr als 50.000 Erkrankte und 600 Todesfälle gemeldet.

    Abgelegene Gebiete sind besonders betroffen

    Die Provinz Mongala im Norden des Landes wurde von der Masern-Epidemie besonders schwer getroffen. Trotz der offiziellen Impfkampagne, die im vergangenen Dezember in diesem Gebiet durchgeführt wurde, gab es 2020 noch immer Hunderte Masernfälle in der Gesundheitszone von Boso Manzi. Im Februar entsandten wir ein Notfallteam dorthin, um eine neue Impfkampagne und die Versorgung von Betroffenen zu unterstützen.

    Die Menschen an diesem abgelegenen Ort zu erreichen, ist eine große Herausforderung: Unsere Teams mussten mit den Motorrädern sechs Stunden auf einer sandigen Strecke zurücklegen - und dabei viele Hindernisse überwinden. Im Gepäck: Große Kühlboxen mit Impfstoffen. Bei ihrer Ankunft wurden sie mit Jubel begrüßt. Denn die Menschen wissen nur allzu gut, welche tödliche Folgen Masern, Malaria, Durchfall und Infektionen der Atemwege haben können.

    Mangel an medizinischer Versorgung

    Alphonsine Ekima ist 43 Jahre alt. Sie und ihre Familie haben die direkten Auswirkungen der Gesundheitskrise gespürt: Vor sechs Wochen starb ihre dreijährige Tochter Marie an Masern. „Marie ist mein viertes Kind, das mir weggenommen wurde“, sagt Alphonsine. „Sie wurde am selben Tag wie ihre Cousine begraben, die auch an derselben Krankheit starb.“

    Die örtlichen Gesundheitszentren sind oft schlecht ausgestattet. Sie haben keine Kühlkettenkapazität und keine Transportmöglichkeiten. Infolgedessen konzentrieren sich die Impfungen häufig auf die unmittelbare Nähe der Gesundheitszentren. Kinder, die in abgelegenen Gemeinden leben, werden nicht erreicht.

    Spürbare Auswirkungen

    Masern schwächen das Immunsystem und machen Kinder anfällig für viele andere Infektionen, die zu Atemwegs- und Augenerkrankungen und neurologischen Komplikationen sowie zu Unterernährung führen können.

    Im Boso Manzi Allgemeinkrankenhaus sind die Auswirkungen der Epidemie spürbar: Auf der Masernstation sind die zahlreichen Betten von Kindern belegt. Mitten im Raum stöhnt die dreijährige Dobo Mambanza in den Armen ihrer Mutter. Das Gesicht des Mädchens ist fleckig von der Krankheit und sie bemüht sich, den Mund zu öffnen.

    Ihre Mutter legte einen Weg von 65 km zurück, um das Krankenhaus zu erreichen. Denn die traditionellen Behandlungsmethoden konnten die frühen Symptome nicht heilen. Dobo wird von unserem Notfallteam betreut, aber durch ihre fortgeschrittene Augeninfektion - eine Folge von Masern - wird sie nie mehr sehen können.

    Auf der Suche nach Hotspots

    Während der sechs-wöchigen Notfallintervention in Boso Manzi hat Ärzte ohne Grenzen die Behandlung von mehr als 1.000 Patientinnen und Patienten im Allgemeinkrankenhaus unterstützt. Und die Impfstoffe, die unsere Teams auf den Motorrädern tapfer hierher transportiert haben, wurden an 13 Orten eingesetzt, um mehr als 44.000 Kinder zu impfen. Unsere Teams sind immer auf der Suche nach neuen Hotspots.

    Seit Januar 2020 haben wir bereits mehr als 260.000 Kinder in der Demokratischen Republik Kongo gegen Masern geimpft und mehr als 17.500 Betroffene versorgt. Im vergangenen Jahr haben wir 816.000 Kinder gegen Masern geimpft und mehr als 50.000 Patienten und Patientinnen mit dieser Krankheit betreut.

    Auch wenn heutzutage alle Augen auf die Bedrohung durch das Coronavirus gerichtet sind, reagieren unsere Teams weiterhin auf medizinische Notfälle wie Masern. 

    Wir versuchen uns an die Herausforderungen, die die Corona-Pandemie mit sich bringt, anzupassen und die nationalen Gesundheitsbehörden mit Aktivitäten zu unterstützen. „Dennoch ist es wichtig, zu bedenken, dass ein einseitiger Fokus auf COVID-19 den Grundstein für andere große Gesundheitskrisen legen wird“, sagt Emmanuel Lampaert, unser Landeskoordinator. „Die Reduktion von Impfungen, Ernährungsunterstützung und Malariaprävention angesichts einer öffentlichen Gesundheitskrise wird zu weiteren Krisen führen und die Situation verschlimmern. Wenn wir jetzt andere Gesundheitsproblemen vernachlässigen, machen wir uns mitschuldig an künftigen Todesfällen.“


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